Finanzierung der Beratungsstellen der Opferperspektive absichern
Brandenburg braucht verlässliche Beratungsstrukturen
In Brandenburg nehmen rechte, rassistische und antisemitische Angriffe rasant zu, und Diskriminierungsfälle häufen sich. Gleichzeitig sind genau jene Beratungsstellen bedroht oder unterfinanziert, die Betroffene solcher Übergriffe in Brandenburg beraten und unterstützen.
Gerade laufen die Haushaltsverhandlungen – und die Lage ist ernst. Die Finanzierung der Beratungsangebote der Opferperspektive steht auf der Kippe. Die allgemeine Antidiskriminierungsberatung Brandenburg droht komplett wegzufallen, weil die Bundesmittel Anfang 2026 auslaufen und das Land Brandenburg die Finanzierung nicht übernimmt. Auch die Mittel des Programms „Tolerantes Brandenburg“, aus dem die Beratungsstelle für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt finanziert wird, sollen eingefroren werden – ausgerechnet jetzt, wo rechte Gewalt zunimmt und ein Ausbau dringend notwendig wäre.
Zunehmende soziale Spaltung, Hetze gegen marginalisierte Gruppen, der gesellschaftliche Rechtsruck, der demografische Wandel, der Fachkräftemangel, sowie die wachsende Gefahr rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt stellen uns als Gesellschaft vor tiefgreifende Herausforderungen. Die Achtung der Menschenwürde, der Schutz vulnerabler Gruppen, das Recht auf Gleichbehandlung und Sicherheit sind dabei unverzichtbare Grundlagen unseres demokratischen Rechtsstaats – und essenziell für sozialen Frieden und gesellschaftlichen Zusammenhalt. Um diese Prinzipien wirksam zu schützen, braucht es flächendeckend zugängliche, unabhängige und professionelle Beratungsstrukturen.
Antidiskriminierungsberatung und spezialisierte Opferberatung erfüllen dabei unterschiedliche, aber gleichermaßen notwendige Funktionen: Opfer rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt benötigen niedrigschwellige, parteiliche Unterstützung, um mit den physischen, psychischen und sozialen Folgen der Tat umzugehen und ihre Rechte durchzusetzen. Gleichzeitig erleben viele Menschen strukturelle Benachteiligung im Alltag und in Institutionen – sei es beim Zugang zu Arbeit, Bildung oder Wohnraum. Antidiskriminierungsberatung hilft, solche Ungleichbehandlungen sichtbar zu machen, zu bekämpfen und Betroffene zu stärken.
Beide Angebote erfüllen somit eine zentrale gesellschaftliche Aufgabe: Sie schützen die Grundrechte des Einzelnen, fördern Vertrauen in den Rechtsstaat und machen Demokratie im Alltag erfahrbar. Eine gerechte, sichere und chancengerechte Gesellschaft ist nicht nur ein politisches Ziel, sondern auch eine Voraussetzung für wirtschaftliche und soziale Zukunftsfähigkeit – in Brandenburg und darüber hinaus.
Allgemeine Antidiskriminierungsberatung
Mit einer Förderung von Bund (Antidiskriminierungsstelle des Bundes) und Land (Ministerium für Gesundheit und Soziales) ist es uns in den vergangenen zwei Jahren gelungen, auch Menschen eine Antidiskriminierungsberatung anzubieten, die aufgrund von Alter, Behinderung oder chronischer Erkrankung, Herkunft, Religion oder Weltanschauung, Geschlecht oder sexueller Identität benachteiligt werden. Damit erweitert die Fachstelle der Opferperspektive ihr bisher auf das Merkmal Rassismus begrenztes Beratungsangebot um alle anderen im AGG geschützten Merkmale.
Die Förderung des Bundes (90 %) wird Anfang 2026 auslaufen und kann nicht verlängert werden. Aufgrund der Förderfunktion des Bundes ist das Programm auf drei Jahre angelegt. Nach dieser Startphase sollen die aufgebauten Beratungsstrukturen in die Landesförderung übergehen.
Um das Angebot im jetzigen Umfang aufrechterhalten zu können werden 260.000 Euro pro Jahr benötigt. Sollte das Land die Finanzierung nicht übernehmen, fällt die einzige unabhängige Antidiskriminierungsstelle Brandenburgs ersatzlos weg – mit gravierenden Folgen für Betroffene und die Gleichbehandlungspolitik des Landes.
- Der gesetzlich garantierte Diskriminierungsschutz (nach AGG und Grundgesetz) wäre in der Fläche nicht mehr umsetzbar.
- Betroffene würden ohne qualifizierte Anlaufstelle bleiben.
- Brandenburg verlöre eine wichtige fachliche Impulsgeberin für Gleichstellung und Vielfaltspolitik im Land.
Deshalb müssen wir in Chancengleichheit investieren und Diskriminierung in allen Lebensbereichen wirksam entgegentreten.
Weiter Informationen zur Arbeit der Antidiskriminierungsberatung: Handreichung Antidiskriminierungsberatung Kurz & Knapp
Beratung für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt
Für das Jahr 2024 verzeichnete die Opferperspektive mit 273 Angriffen erneut einen Anstieg rechter Gewalttaten in Brandenburg. Besonders besorgniserregend ist dabei die zunehmende Gewalt gegen politische Gegner:innen. Es braucht nun entschiedenes Handeln von Politik und Gesellschaft, um diese gefährliche Entwicklung zu stoppen. Insgesamt 273 rechte, rassistische und antisemitische Gewalttaten wurden in Brandenburg registriert, von denen mindestens 416 Personen unmittelbar betroffen waren. Das häufigste Tatmotiv rechter Gewalttäter:innen blieb auch 2024 Rassismus. Besonders alarmierend ist jedoch der Anstieg der Attacken auf politische Gegner:innen um nahezu 75% im Vergleich zum Vorjahr. Mit 66 Übergriffen wurde der bislang höchste Wert für dieses Tatmotiv verzeichnet.
Die Angriffe richteten sich sowohl gegen politische Verantwortungsträger:innen und Journalist:innen als auch gegen häufig junge Menschen, die sich gegen Rechtsextremismus engagieren. Besonders im Kontext der Kommunal-, Europa- und Landtagswahlen 2024 war eine deutliche Radikalisierung zu beobachten. Bedrohungen, Sachbeschädigungen und direkte Angriffe wurden dabei gezielt eingesetzt, um Angst zu verbreiten.
Hier zeigt sich eine Eskalation rechter Gewalt, die nicht nur einzelne Menschen trifft, sondern sich gegen unsere vielfältige und demokratische Gesellschaft richtet. Die extreme Rechte in Brandenburg tritt zunehmend selbstbewusst und aggressiv auf und duldet in ihrem Dominanzbestreben keinen Widerspruch.
Die spezialisierte Opferberatung der Opferperspektive e.V. bietet hier eine unverzichtbare, niedrigschwellige und wohnortnahe Unterstützung, unter anderem durch:
- psychosoziale Beratung für Betroffene und deren Angehörige,
- Begleitung in Straf- und Zivilverfahren,
- Beratung zu Schutz- und Sicherheitsmaßnahmen,
- Fortbildungen für Fachkräfte sowie
- kontinuierliches Monitoring rechter Gewalt im Land.
Die steigende Zahl von Beratungsanfragen kann mit den vorhandenen Kapazitäten nicht mehr bewältigt werden. Doch die Mittel des Programms Tolerantes Brandenburg, aus dem die Beratungsstelle für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt finanziert wird, sollen für 2026 eingefroren werden. Weil Gehälter und Preise steigen, bedeutet das faktisch eine Kürzung der Mittel für die spezialisierte Opferberatung. Die landesweite Erreichbarkeit der Hilfe ist damit gefährdet.

Ausführliche Informationen zu den Entwicklungen rechter Gewalt in Brandenburg: Hintergrundpapier 2024
Es gibt zwei Wege uns zu unterstützen
- Bei unserer Mail-Aktion mitmachen!
Fordere gemeinsam mit uns, dass das Land Brandenburg die Beratungsstellen langfristig absichert.
Hier der Link zur Aktion: 👉#OpferperspektiveSichern
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Veröffentlicht ein eigenes Statement auf euren Kanälen und fordert darin eine gesicherte Finanzierung beider Beratungsstellen. Als Institutionen, Initiativen oder engagierte Einzelpersonen könnt ihr so öffentlich Solidarität mit den Betroffenen zeigen und politischen Druck aufbauen.
Jede Stimme zählt. Jeder Beitrag macht einen Unterschied.
Gerade jetzt braucht es klare Haltung, laute Stimmen und solidarisches Engagement – für eine Gesellschaft, die Betroffene nicht allein lässt.