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Tagebuch des Rassismus

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Für die Menschen, die sich an die Antidiskriminierungsberatung Brandenburg wenden, sind Rassismuserfahrungen hässlicher Alltag. Sie berichten uns von Gefühlen der Verletzung, Entwürdigung, Unterdrückung, Fremdbestimmung und beschreiben, welch existentielle Herausforderung es ist, einen Umgang mit Rassismus zu finden. In der Antidiskriminierungsarbeit will der Empowermentansatz individuelle und kollektive Ressourcen stärken und auf dem Weg zur Selbstbemächtigung unterstützen.

Dem immer wieder geäußerten Bedürfnis der Betroffenen nach dem Darüber-Sprechen und Voneinander-Erfahren hat die Antidiskriminierungsberatung Brandenburg in Gestalt eines „Tagebuches des Rassismus“ auf ihrer Homepage einen Raum in Form einer eigenen Seite gegeben, auf der Betroffene einander gegenseitig einen Blick in ihr “Tagebuch des Rassismus”, bestehend aus Texten, Film- und Audiobeiträgen, gewähren. Darin berichten sie von ihren Erfahrungen und ihrer persönlichen Auseinandersetzung mit Rassismus. Der gegenseitige Blick Betroffener in das eigene und das Tagebuch der Anderen, trägt zu ihrer Vergewisserung bei, nicht alleine zu sein und zur eigenen Vergegenwärtigung, dass die Bewältigung von Rassismuserfahrungen für alle Betroffenen ein unterschiedlicher, indes gleichermaßen schmerzhafter und schwieriger Prozess ist. Daraus kann die Kraft erwachsen, sich auszutauschen, gegenseitig zu stärken und das persönliche Repertoire an Umgangs- und Bewältigungsstrategien zu erweitern – in einem Alltag, der von Rassismuserfahrungen durchzogen ist.

Die folgenden Tagebucheinträge zeugen davon. Eine der Personen, die hier zu Wort kommen, wurde beim Verfassen ihres Eintrages von der Journalistin Kseniya Lomakina, die selbst einen Migrationshintergrund hat, unterstützt, zwei Einträgen liegen Interviews zugrunde, die sie mit den Betroffenen geführt hat. Weiteren Personen hat Kseniya Lomakina in Form von Film- und Audiobeiträgen eine Stimme verliehen. Diese Einleitung hat Nadja Hitzel-Abdelhamid verfasst, die das Projekt konzipiert hat.

Kseniya Lomakina

Tagebuch von Frau A

A, 33 Jahre alt, ist alleinerziehende Mutter von drei Kindern und wurde von der Bundesrepublik Deutschland als irakischer Kontingentflüchtling aufgenommen. Erwartungsvoll trat sie die lange Reise an, doch die Hoffnung auf ein besseres und sicheres Leben zerschlug sich in einem Flüchtlingsheim im Westen Brandenburgs.

Ein schöner Moment

Wir sind durch die UNO nach Deutschland gekommen. Geboren bin ich in Kuwait, habe aber lange mit meiner Familie im Irak gelebt. Doch wegen des Krieges mussten wir nach Syrien fliehen und ich lebte dort als „staatenloser“ Flüchtling. Vor allem als alleinerziehende Mutter mit drei Kindern hatte ich viele Probleme und brauchte dringend Hilfe. Man riet mir einen Antrag bei der UNO zu stellen, was ich tat und zwei Wochen später meldete sich die Deutsche Botschaft und sagte mir, dass ich nach Deutschland kommen kann. Es war ein großartiges Gefühl! Ich war begeistert und habe mir dieses große Land in all seiner Schönheit vorgestellt. Ich dachte, ab jetzt werden alle meine Leiden vergessen sein. Das war so ein schöner Moment!

Ankunft in Deutschland

Man hat uns zuerst nach Hannover in ein zentrales Aufnahmeheim gebracht. Ich war voller Hoffnung. Ich merkte zwar, dass die Sprache schwierig ist, aber ich war mir sicher, dass ich sie lernen werde. Die Leute haben sich um uns gekümmert und mir ist gleich aufgefallen, wie grün und schön das Land ist. Ich dachte, ich bin im Paradies gelandet. Die ersten vier Tage in Hannover waren wunderbar.Dann wurden wir einem Flüchtlingsheim in Brandenburg an der Havel zugeteilt. Als wir dort ankamen, war es ein Schock! Es war menschenleer und das Heim war in einem erbärmlichen Zustand. Ein riesiges Gebäude, das einem Angst einflößt, wenn man es nur von außen sieht. Und als ich die Möbel in unserem Zimmer sah, habe ich mich erschreckt, so schlimm waren sie. Nicht einmal in Syrien habe ich so etwas gesehen. Wir bekamen ein kleines Zimmer für uns Vier. Es gab nicht einmal Matratzen auf den Betten, sondern nur dünne Unterlagen auf hartem Metall. Ich hatte andauernd Rückenschmerzen. Mein Geld aber war knapp, für Matratzen hätte es nicht gereicht. Alles war so alt! Die Toiletten waren alle zwei Tage verstopft. Und die vielen Kakerlaken – ich hätte nie gedacht, dass ich in Deutschland so etwas sehen würde. Die Frau, die uns in Empfang genommen hat, war nett und tröstete mich damit, dass es nur für kurze Zeit sei. Neun Monate sind es dann geworden. Das Schlimmste aber war, isoliert zu sein. Der Ort war wie ausgestorben, es gab kaum einen Menschen im Heim oder auf den Fluren. Ich konnte mit niemandem ein Wort wechseln. Wir konnten alle noch kein Wort Deutsch. Wir haben uns komplett verloren und alleine gefühlt. Und dann, nach dem kurzen schönen Anfang in Hannover, sind wir in eine tiefe Depression verfallen.

Schwierigkeiten im Schulalltag

Meine Kinder wurden alle auf verschiedene Schulen verteilt. Und es ging ihnen schlecht. Sie wurden von ihren Mitschülern beschimpft, rassistisch beleidigt und ausgegrenzt. Meine Kinder waren gezwungen zur Schule zu gehen ohne jegliche Vorbereitung, ohne einen einzigen Deutschkurs. Ich habe mit anderen Flüchtlingen telefoniert, die mit uns in Hannover angekommen sind und später im Westen unterkamen. Ich war fasziniert von dem, was sie mir erzählten: Sie hätten alle Betreuer, die ihrer Sprache mächtig seien, sie könnten Deutschkurse machen und für die Kinder gäbe es sogar ein Einstiegsprogramm an den Schulen. Wir waren hier komplett auf uns allein gestellt.Und wir haben uns um Hilfe bemüht: einmal kam eine Dolmetscherin zu einem Gespräch mit in die Schule, aber weil sie ein Kopftuch trug, nahmen die rassistischen Beleidigungen danach nur noch zu. In der Klasse gab es auch ein Gespräch über die Konflikte. Da war aber kein Dolmetscher dabei und mein Sohn hat wenig verstanden. Nur einmal ist ein Junge aufgestanden, hat auf ihn gezeigt und gesagt: “Wir wollen hier keine Ausländer haben.”Meiner Tochter Z. wurde empfohlen zum Psychiater zu gehen. Sie weinte viel und erzählte, dass die Mitschüler_innen sie nicht mögen und immer nur böse angucken. Sie hatte dort keine einzige Freundin und wollte nicht mehr hingehen. Ich erzählte das mit Hilfe einer Frau aus dem Jemen einem Sozialarbeiter im Heim. Er versprach mir zu helfen, aber daraus ist nie etwas geworden. Ich habe auch versucht, mit der Lehrerin zu reden. Erfolglos. Stattdessen hat man meiner Tochter gesagt, dass sie die Klasse sowieso nicht schafft. Fortan weigerte sie sich zur Schule zu gehen. Aber auch das interessierte niemanden.Meinem ältesten Sohn K. hat man ebenfalls gesagt, dass er nicht versetzt wird. Dabei ist sein Deutsch schon sehr gut. Er hätte nur ein wenig Unterstützung gebraucht.

Der Angriff

Es war ein Nachmittag Ende Mai und mein 15-jähriger Sohn K. war beim Fussballtraining. Dachte ich zumindest. Zweimal die Woche ist er Fussballspielen gegangen und es hat ihm viel Spaß gemacht. Aber an diesem Tag kam er erst sehr viel später als gewöhnlich nach Hause. Er weinte und war völlig aufgelöst, orientierungslos, er erkannte kaum jemanden und war wie in einer anderen Welt. Er weinte und weinte und sagte nichts. Er sagte, sein Kopf tue weh. Und da sah ich das Blut auf seinem T-Shirt. Ich hob es hoch und sah eine lange, offene Wunde am Bauch, wie von einem Messer.

Das Personal im Heim wollte keinen Krankenwagen rufen und so sind wir ganz langsam zu Fuß ins Krankenhaus gelaufen. Die Ärzte haben gleich festgestellt, dass mein Sohn eine kurzzeitige Amnesie erlitten hatte. Die Untersuchung ergab, dass er mit Füßen gegen den Kopf getreten worden war. Auch wurde vermutlich ein Schlagstock benutzt oder andere Gegenstände, deshalb die vielen Verletzungen überall am Körper.

Mein Sohn sagte, eine Gruppe Jugendlicher, darunter auch Schüler seiner Schule, hätten ihn und einen weiteren Flüchtling beschimpft und provoziert. Als sie nicht reagierten, seien sie ihnen gefolgt. Mein Sohn hat sich nicht umgedreht, aber er hat gemerkt, wie sie näher kamen. Und dann wurden sie eingeholt. Die Jugendlichen begannen sie zu schubsen. Ein 17-Jähriger hielt meinen Sohn am Kopf fest und rammte mit voller Wucht sein Knie von unten gegen das Kinn. Von da an hat er keine Erinnerungen mehr.

Drei Tage lang musste mein Sohn im Krankenhaus stationär behandelt werden. Ich ging zur Polizei und erstattete Anzeige. Anfangs waren die Polizisten auch kooperativ und stellten viele Fragen. Am Ende aber hat man alles verdreht und fast meinen Sohn zum Schuldigen gemacht. Das Ganze zog sich sehr lange hin. Mein Sohn musste die Täter identifizieren, doch vor Gericht hieß es, dass sei alles nicht so schlimm, nur ein Jugend- und Pubertätsproblem. Sie wurden alle ohne Strafe freigelassen.

Das Schrecklichste aber ist, dass dieser Vorfall meinen Sohn komplett verändert hat. Er ist so aggressiv geworden. Wenn er wütend ist, dann haut er seinen Kopf gegen den Schrank und richtig reden kann man mit ihm immer noch nicht.

Im Krankenhaus

Ich war damals so wütend, und ich war so erschöpft. Da bin ich zusammengebrochen. Ich kam erst im Krankenhaus wieder zu mir. Dort habe ich viel geweint. Als ein arabischer Arzt kam, um mit mir zu sprechen, habe ich ihn kaum wahrgenommen. Man überwies mich an die psychiatrische Klinik. Es war alles wie in einem Film. Die Patienten schrien auf dem Flur, alles schien bedrohlich. Ich hatte Angst davor, dass die Ärtze mich befragen würden und ich nicht antworten kann und sie mir die Kinder wegnehmen. Ich war auf so etwas nicht vorbereitet! Dieselben Gedanken kreisten in meinem Kopf: wir sind in Deutschland und hier wird mein Kind fast zu Tode geprügelt, bedroht und verletzt. Ich konnte es nicht fassen! Ich musste ein paar Tage in der Klinik bleiben und dann habe ich meine Bekannte aus dem Jemen gebeten mich da rauszuholen.

Zurück im Heim

Wieder im Heim habe ich gefleht und gebettelt, mich bitte zurück in meine Heimat zu bringen. Wir konnten hier so nicht leben. Wir fühlten uns nicht mehr sicher. Alles war schrecklich!

Der Betreuer im Heim drohte, dass, wenn ich mich nicht beruhige, er die Polizei ruft und sie mir meine Kinder wegnehmen. Ich wollte nicht mehr, dass meine Kinder das Heim verlassen und in die Schule gehen. Ich war am Ende mit meinen Nerven.

Alles werde besser, wenn wir umziehen, sagten sie mir dann im Heim und boten uns eine Wohnung an. Sie war feucht und verschimmelt, ohne Telefon- und Internetanschluss. Ich wusste gar nicht, was ich mit so einer Wohnung machen sollte. Ich lehnte ab, weshalb man sauer auf mich war: Wenn ich Hilfe ablehne, dann würde man mir nie wieder welche anbieten.

Ich kann mich an keinen einzigen schönen Moment in Brandenburg an der Havel erinnern. Ich habe oft Schmerzen gehabt und bin nie zum Arzt gegangen, weil ich mich nicht traute und erklären konnte ich auch nichts. Also habe ich mir lieber irgendwas aus der Apotheke geholt und geschluckt.

Es ist sehr schwer hier zu leben

Wir wurden von Deutschland ausgesucht, aber vorbereitet war hier nichts. Die Kinder hat man ohne Unterstützung einfach in Schulen gesteckt, in denen sie beleidigt, gehänselt und sogar verprügelt wurden. Im Heim gab es zwar zuständige Personen, aber keine verständnisvolle Unterstützung.

Als man mir einen Deutschkurs anbot, habe ich mich gefreut. Nur glaube ich kaum, dass der Lehrer wirklich ausgebildet war. Wir mussten immerzu lesen, verstanden aber kein Wort. Das hat wenig gebracht. Und nach dem Angriff auf meinen Sohn war ich kaum noch motiviert hinzugehen.

Abgesehen von den ersten vier Tagen in Hannover, seit dem Moment, seit dem ich nach Brandenburg an der Havel kam, fühle ich mich nicht wohl. Es gibt keinen einzigen Moment ohne Stress. Alles ist so hart hier und alle sind so hart. Ich habe drei Kinder im Pubertätsalter. Einmal rief mich die Polizei an und sagte, dass mein Sohn bei ihnen ist. Er hat mit zwei anderen ein deutsches Kind geschlagen. Ich war aufgelöst, fragte meinen Sohn warum. Und er meinte, dass es nur eine kleine Prügelei war, die mit dem Angriff auf ihn damals nicht zu vergleichen sei. Was soll ich tun? Seit dem Tag damals ist er so aggressiv. Er ist jetzt 18 Jahre alt.

Ich habe kein eigenes Leben hier. Es ist immer noch sehr, sehr schwer hier zu leben. Es gibt hier nichts, was mir Sicherheit gibt

Irgendwann hat man uns gesagt, dass unser Heim geschlossen wird und wir 20 Tage haben, eine Wohnung zu finden. Unsere jetzige Wohnung habe ich mit den Kindern zusammen renoviert. Wir haben tapeziert und gestrichen, den Boden gemacht. Nur im Bad gab es kein Fenster. Nach einem halben Jahr kam der Schimmel. Ich machte Fotos und zeigte sie der zuständigen Hausverwaltung. Ein weiteres halbes Jahr passierte gar nichts. Der Schimmel wurde mehr und mehr und ich ging wieder und wieder hin. Schließlich kamen die Maler. Drei Wochen lang haben sie gearbeitet. Sie meinten, der Schimmel war wahrscheinlich schon vorher da und wurde nur überstrichen. Der komme bestimmt wieder.

Ich aber erhielt einen Brief, in dem stand, dass ich den Schimmel verursacht habe und alle Kosten für dessen Beseitigung tragen muss. Ich hätte darauf hinweisen müssen, dass es im Bad keine Lüftung gibt. Aber das habe ich doch getan! Ich verstand nicht, was mir da unterstellt wurde. Es gab sogar ein Gespräch bei Gericht. Die größte Überraschung für mich war als der Richter mir sagte, wir hätten uns nicht täglich duschen dürfen, einmal pro Woche wäre absolut ausreichend. Und er drohte: sollte es zu einer Gerichtsverhandlung kommen, gehe er davon aus, dass ich schuldig gesprochen werde und in diesem Falle 4.500 Euro zahlen müsse zuzüglich der Prozesskosten. Es wäre besser, sich mit dem Vermieter zu einigen und die Hälfte der Kosten selber zu tragen. Es war nicht einmal das Geld, darum ging es mir nicht. Ich konnte nur nicht verstehen, wofür ich beschuldigt wurde und wofür ich diese Strafe zahlen sollte. Ich wusste nicht, wie ich mich in so einer Situation schützen kann.

Einige Zeit später haben die Nachbarn bei mir gegen 23 Uhr geklingelt. Im Bad tropfe bei ihnen das Wasser von der Decke, anscheinend sei ein Rohr geplatzt. Am nächsten Tag waren die Handwerker da und jetzt habe ich große Angst, dass ich wieder eine Rechnung bekomme.

Im Irak hatten wir auch keine Sicherheit, aber hier ist es nicht viel besser. Es gibt hier nichts, was mir Sicherheit gibt. Ich kriege schon Angst, wenn jemand bei mir an der Tür klingelt oder anruft. Ich denke gleich, es kommt wieder eine Katastrophe auf mich zu. Ich bin permanent unter dieser Anspannung, es ist kaum auszuhalten.

Den Blicken entkommen

Es ist sehr schwer hier Kontakte zu knüpfen. Dabei bemühe ich mich sehr. Ich habe inzwischen Deutschkurse absolviert, die Führerscheinprüfung bestanden, einen Integrationskurs gemacht und mich mit der Geschichte Deutschlands beschäftigt. Ein Jahr lang habe ich in Potsdam gearbeitet, was sehr hart war mit drei Kindern und all diesen Problemen.

Aber jeder, so scheint es, ist hier nur mit sich selbst beschäftigt und kümmert sich nicht um seine Mitmenschen.

Jetzt bin ich an einer Berufsschule. Drei Monate lang mache ich einen Deutschkurs, danach Praktika an verschiedenen Orten, die mir beim Einstieg in einen Beruf helfen sollen. Nur der Dozent dort ist nicht nett. Er erwähnt bei jeder Gelegenheit, dass das Job-Center unser Studium bezahlt und alles für uns mache und wir das nicht zu schätzen wissen.

Immer wieder stelle ich mir die Frage: Wie soll man in einer Gesellschaft leben, die dich von Anfang an ablehnt? Das ist das Gefühl, das man hier immerzu hat. Das sind die Blicke in der Straßenbahn, die Blicke, die einen durchbohren und ein Unwohlsein verursachen. Ich habe nur deshalb die Führerscheinprüfung gemacht, um diesen Blicken zu entkommen. Ich hatte mir gesagt, du steigst nie wieder in eine Straßenbahn ein. Zumindest das wollte ich mir ersparen.

Ich weiss nicht, woran es liegt, diese Ablehnung, diese Nicht-Akzeptanz. Liegt es an uns oder an den Menschen hier? Ich versuche verschiedene Wege zu gehen, verschiedene Sachen auszuprobieren, aber alle Wege brechen irgendwo ab, alle Versuche scheitern.

Und vor einer Sache, habe ich am meisten Angst: Dass meine Kräfte irgendwann zu Ende sind.

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Tagebuch von D

Die 14-jährige Schülerin D. stammt aus dem Irak und lebt nun mit ihrer Familie im Süden Brandenburgs. Sie lernte Deutsch und schaffte es aufs Gymnasium. Doch recht machen konnte sie es niemandem.

08.12.2011 – “Ausländer raus!”

Ich war mit meiner Mutter, meinem Bruder und meiner Schwester bei einer Bekannten. Auf dem Weg nach Hause hat ein Mann, kaum dass er uns gesehen hatte, plötzlich laut angefangen zu schreien: “Verschwindet! Das ist mein Land! Ausländer raus! Ich will hier Deutsch hören!” Das Übliche halt.

10.12.2011 – Meine Klassenarbeit

Ich hatte um 9 Uhr einen Nachschreibetermin für eine Mathe-Arbeit in der Schule. Zwei Minuten bin ich zu spät gekommen, weil ich sehr krank war. Ich hatte eine Magenspiegelung beim Arzt im Krankenhaus und war sehr erschöpft. Das Wetter war kalt und es fuhr kein Bus. Als ich die Schule erreichte, hat mich der Lehrer nicht in die Aula gelassen, weil ich zu spät war. Ich wartete und die Zeit für die Klassenarbeit lief. Als ich dem Lehrer das sagte, meinte er, ich solle draußen bleiben. Erst viel später ließ er mich rein und gab mir das Aufgabenblatt. Er kontrollierte mich ständig, durchsuchte meine Federtasche, meine Unterlagen und sah mich blöde an. Ich hatte Angst. Meine Klassenlehrerin war auch da, aber sie machte nichts, auch wenn sie alles mitbekam und doch wusste, dass ich sehr krank bin und deshalb zu spät kam. Nach einer halben Stunde hat er das Blatt weggezogen, ohne mich zu fragen, ob ich fertig bin. Er fragte nur: “Vertraust Du Dir?” Aber ich wusste nicht genau was er meinte. So war meine Klassenarbeit in der Schule.

07.05.2012 – Im Supermarkt

Am Nachmittag war ich mit meiner kleinen Schwester Mina im Supermarkt. Zwei Männer starrten uns die ganze Zeit wütend an und folgten uns auf Schritt und Tritt. Wir hatten beide große Angst, meine Schwester und ich, also sind wir schnell zur Kasse gegangen. Wir wollten einfach nur raus. Die beiden Männer verfolgten uns weiter und sagten: “Die beiden da kann man ganz schnell und leicht fertig machen.” Viele Leute waren im Supermarkt, aber sie haben nichts gemacht, uns nur angesehen und einige haben gelacht.

14.05.2012 – Nach der Schule

Heute hatte ich um kurz vor 13 Uhr Schulschluss. Zusammen mit einer Schülerin aus meiner Klasse bin ich zum Supermarkt gegangen. Sie kommt aus dem Irak. Wir wollten ein bisschen länger draußen bleiben und haben uns Eis gekauft. Da liefen plötzlich zwei erwachsene Frauen an uns vorbei und begannen zu schimpfen. Sie sagten: “Ih, guck mal, was sehen die hässlich aus, schrecklich.” Sie sahen uns die ganze Zeit über böse an. Den Rest habe ich nicht mehr gehört.

Wir sind zur Drogerie gegangen. Dort hat mich eine Verkäuferin laut angeschrien: “Fass das nicht an.” Dabei hatte ich nur einen Tester angefasst. Viele Leute haben das getan. Sie sagte, ich würde sowieso nichts verstehen. Als wir uns verabschiedeten, hat sie nicht geantwortet und uns nur angestarrt.

Auf dem Weg nach Hause rempelten mich zwei Männer an, obwohl es doch sehr viel Platz zwischen ihnen und mir gab.

Das war mein Tag. Ich war nur eine Stunde draußen, weil ich ja früher Schulschluss hatte. Ich wusste, dass das passieren würde.

18.05.2012 – Beim Einkaufen

Beim Einkaufen versuchen wir immer alles schnell zu erledigen. Trotzdem gibt es immer Beleidigungen. Am Freitag Nachmittag war ich mit meiner Mutter und meiner Schwester im Klamottenladen. Als wir rausgingen sagte eine Frau: “Guck mal, die Ausländer, die haben Geld und kaufen sich was.” Zu ihrer Freundin meinte sie, man solle uns das Geld wegnehmen und sagte viele sehr schlimme Worte über uns. Und nur, weil wir eine Einkaufstüte vom Discounter dabei hatten.

21.05.2012 – In der S-Bahn

Meine Mutter und ich sind nach Berlin zum Einkaufen gefahren. Schon als wir am S-Bahnhof warteten, guckten uns die Leute böse an. Ein Mädchen und ein Junge zeigten mit dem Finger auf uns und sagten “Ausländer”. Auf dem Rückweg hat mich in der S-Bahn eine Frau, die ich gar nicht kannte, die ganze Zeit angegafft. Meine Mutter und ich sind schließlich aufgestanden und wir haben uns umgesetzt. Da saßen hinter uns dann ein Mann und eine Frau, die die ganze Zeit mit lauter Stimme geschimpft haben, so dass es alle hören konnten. Alle starrten uns an. Die Frau und der Mann sagten: “Scheiß Fremde, ich hasse die ganzen Ausländer hier und ich hasse den Islam.” Wir konnten nichts weiter tun, als Angst haben und stumm bleiben. Am Bahnhof warteten wir dann auf den Bus. Zwei Männer sahen uns böse an. Wir hatten Angst, dass sie uns schlagen werden. Sie kamen immer näher und haben uns vor die Füße gespuckt. Wir haben fast eine ganze Stunde gewartet und die Beleidigungen und wilde Blicke ausgehalten. Als der Bus kam sind wir schnell eingestiegen.

Uns passiert das immer, jeden Tag – beim Arzt, auf der Straße, in der Schule und beim Einkaufen – und oft ist es schlimmer. So ist unser Leben.

26.05.2012 – In der Klasse

Am Donnerstag ist die erste Stunde Mathe ausgefallen. Wir saßen alle in der zweiten Etage in unserem Klassenraum. Alle saßen um einen Tisch und spielten “Stadt, Land, Fluss”. Nur ich saß allein, weil es keinen Platz mehr gab und niemand meiner Mitschüler Platz machte. Schließlich ist unsere Mathelehrerin gekommen und sagte, sie sollen mich mitspielen lassen. Da sagte eine Schülerin: “Nein, das Spiel braucht Gehirn, das kann nicht jeder. Die Dumme kann nicht mitspielen.” Niemand aus meiner Klasse hat mich verteidigt, sie haben alle nur gelacht. Das Mädchen hat mich immer schon gemobbt, angeschrien und beleidigt. Ich habe auch schon meine Klassenlehrerin gefragt, ob wir nicht alle zusammen eine Lösung finden können. Fast alle Mädchen in der Klasse hassen mich, lachen mich aus und sagen immer, ich sei dumm.

Mit Hilfe des Schulleiters bekam ich einen Termin bei der Schulpsychologin. Ich sollte dahin mit meiner Mutter und der Klassenlehrerin gehen. Aber kurz zuvor sprach meine Lehrerin schon mit dem Mädchen, und die erzählte dann alles in der Klasse. Alle haben mich ausgelacht. Und das Mädchen sagte, ich sei eine Lügnerin, die nur Probleme machen will. Sie ist immer so gemein zu mir zusammen mit den anderen Mädchen. Meine Klassenlehrerin meint, die Kinder würden das nicht verstehen. Ich hingegen sei schon alt und erwachsen. Wenn ich ihr von meinen Problemen erzähle, sagt sie, ich solle glücklich sein, dass ich in dieser Klasse bin, sonst könnte ich ja die Schule wechseln. Aber ich habe viel dafür getan, um an dieser Schule zu lernen. Ich habe einen Deutschkurs gemacht und acht Monate privat dafür bezahlt, zwei Prüfungen abgelegt in Englisch und Deutsch und Bewertungen in beiden Fächern bekommen. Der Schulleiter hat mich am Gymnasium aufgenommen. Das war nicht leicht, denn wir waren ja erst seit einem Jahr in Deutschland. Aber es war meine Entscheidung, in diese Klasse zu kommen, weil ich ein Ziel habe: Abitur zu machen. Meine Klassenlehrerin beharrt darauf, dass ich nicht an diese Schule gehöre, weil ich zu alt bin. Das sagt sie immer. Als meine Mutter zur Schule kam, sagte sie ihr, dass meine Leistungen nicht ausreichen und nie ausreichen werden, dass ich in Deutsch immer eine 5 haben werde, egal wie viel ich lerne.

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Tagebuch von Herrn E

Herr E., 62 Jahre alt, wurde in Ägypten geboren. Seit über 40 Jahren lebt und arbeitet er in Deutschland. Nach vielen emsigen Jahren in Berlin wollte er sich seinen Traum vom eigenen Haus mit einem kleinen Laden verwirklichen. Schließlich fand er ein passendes Grundstück, baute und zog mit seiner Frau und seinen zwei Kindern in sein neues Heim in einem kleinen Ort im Süden Brandenburgs. Doch dort kam alles anders. Ein Rückblick.

Aber man ließ uns nicht in Ruhe: Ein Laden für den toten Ort

Als ich den Laden aufmachte, haben sich die meisten Leute hier gefreut: eine Bäckerei und ein Lebensmittelladen, in dem es auch Süßigkeiten und Schreibwaren für Kinder für die Schule gab – es war sehr gut für diesen toten Ort hier. Dann haben sich ein paar Leute zusammengetan, die keine Ausländer mögen und haben angefangen die anderen gegen mich aufzuhetzen. Es kamen auch NPD-Leute und Rechtsradikale in meinen Laden. Hier in der Gegend gibt es viele. Das ist viel, viel schlimmer als in Berlin. Sie kamen zu mir in den Laden und haben mit mir einen kleinen Krieg angefangen. Sie haben mich beleidigt und beschimpft. Ich wusste nicht, wie ich mich dagegen wehren sollte. Und so langsam blieben die Kunden lieber weg. Dafür wurde umso mehr geredet: “Er ist ein Ausländer und nur hier her gekommen, um seine Geschäfte abzuwickeln.” Ich habe nur nie verstanden, warum sie nicht das Gleiche machen, statt zu Hause zu sitzen und schlecht über andere zu reden.Ich lebe seit fast 40 Jahren in Deutschland und bin deutscher Staatsbürger. Meine Kinder sind hier geboren und aufgewachsen, meine Tochter will Medizin studieren. Wir sind doch friedliche Leute, haben hier immer gearbeitet und unsere Steuern gezahlt und sogar versucht, anderen Menschen Arbeit zu geben. Aber man ließ uns nicht in Ruhe. Ich habe meinen Laden schließlich aufgegeben und die Ware verschenkt, alles geräumt. Ich wollte damit nichts mehr zu tun haben.

Die Idee mit der Pizza – doch keine runde Sache?

Nachdem ich 2008 meinen Laden geschlossen hatte, habe ich ein paar Jahre gebraucht, um das Ganze zu verdauen. Ich habe in der Zeit natürlich einen neuen Job gesucht. Ich bin Ingenieur für Gartenbau, habe aber hier in Deutschland verschiedene Jobs gehabt: beim Bauamt, als Lagermeister und als Reisebusfahrer. In Berlin hatte ich mein eigenes Reisebüro. Und ich wollte wieder etwas Eigenes haben.Da kam die Idee eine Pizzeria aufzumachen. Also war ich beim Gewerbeamt und habe von meiner Idee berichtet, den alten Laden umzubauen. Und sie sagten okay. Ich habe alle Geräte gekauft, was mit mehr Kosten verbunden war, als ich dachte. So habe ich zusätzlich 5.000 Euro beim Arbeitsamt beantragt. Noch immer zahle ich monatlich 100 Euro zurück. Die Pizzeria war vorschriftsmäßig ausgestattet. Aber ein Nachbar, der schon gegen meinen vorherigen Laden war, machte jetzt gegen die Pizzeria Stimmung in der Nachbarschaft. Angeblich sammelte er 800 Unterschriften gegen meine Pizzeria. Ich sammelte daraufhin über 6000 Unterschriften. Aber er hatte gute Kontakte und zeigte mich beim Bauamt an. Ein Beamter kam vorbei und meinte, ich müsse unverzüglich schließen. Beim Amt hieß es, dass mein erster Laden zwar genehmigt worden war, ich für eine Pizzeria aber einen separaten Antrag stellen müsse. Solange der bearbeitet würde, könne ich aber ruhig anfangen zu arbeiten, sagte man mir. Es war kurz vor Weihnachten. Ich stellte einen Koch, eine Aushilfe und einen Fahrer ein und legte los.

Anonyme Briefe und Kontrolleure – Zwischen Arbeit und Schikane

Die Nachbarn beobachteten mich intensiv. Und jemand fing an anonyme Briefe an die Ämter zu schicken, angeblich wegen Müll, Geruch, zugeparkten Straßen und anderen Sachen, die überhaupt nicht stimmten. Einige haben auch beim Bauamt direkt angerufen und sich beschwert. Und das Bauamt stoppte meinen Antrag vorübergehend. Wieder kam ein Beamter vorbei und sagte, ich würde hier “ein unzulässiges Geschäft” betreiben. Er habe anonyme Hinweise bekommen, dass ich keine Steuern zahle. Ich zeigte ihm alle Papiere, die Kasse und die gesamten Abrechnungen, woraufhin er sich entschuldigte und sogar noch eine Pizza kaufte. Dann war noch die Wasserbehörde bei mir und kontrollierte alle Anschlüsse. Auch sie hatten anonyme Briefe bekommen und waren sehr verärgert, dass sie umsonst bei mir waren. Danach kam das Gesundheitsamt und wieder fand sich nichts: alle Geräte waren neu und einwandfrei, die Küche, der Boden, das Geschirr, alles war sauber. Elf Leute haben für die Pizzeria gearbeitet. Wir haben für Schulen und Kindergärten, für Geburtstagsfeiern und Veranstaltungen geliefert. 30 bis 40 Pizzas wurden manchmal auf einmal bestellt. Ich musste die Preise kalkulieren, alles bedenken, so viele Sachen im Kopf haben. Und dazu der Druck, das war enorm und schwer auszuhalten. Schließlich lehnte das Bauamt meinen Antrag endgültig ab.

Ein anstrengendes Jahr geht zu Ende – und doch weiter

Nach einem Jahr musste ich auch dieses Geschäft schließen. Es war ein sehr anstrengendes Jahr. Ich konnte mich kaum konzentrieren, ständig kamen Kontrolleure, die Schikanen, der Krieg in der Nachbarschaft – das hat mich ans Ende meiner Kräfte gebracht. Ich war fertig mit den Nerven. Mit schwerem Herzen habe ich alle Schilder abgenommen. Die Nachbarn haben mich unter diesen Druck gesetzt, nur damit ich aufhöre. Anfangs ging die Hetze nur von ein paar Leuten aus. Aber die haben es immer weiter getrieben. Ich war gedemütigt, ich war kaputt, ruiniert, zerstört. Ich konnte einfach nicht mehr weiter machen. Parallel wurden auch noch meine Kinder in der Schule diskriminiert und es gab mehrere Vorfälle. Es war einfach alles zu viel. Jetzt bekommen meine Frau und ich Hartz IV.Ich denke, wenn ich Deutscher wäre, wäre es nicht so gekommen. Der Hass auf „Ausländer“ ist hier sehr groß. Dabei kenne ich Deutschland besser als mein eigenes Land. Ich habe mich hier immer bemüht, nie irgendwelche Regeln gebrochen, versucht dazuzugehören. Ich habe immer gearbeitet, eine Familie gegründet, meine Kinder wurden hier geboren. Aber die Leute hier wollten das irgendwie nicht einsehen. Meine Mitarbeiter sind entlassen, aber ich bin immer noch nicht entlassen und stecke noch immer in diesen ganzen Problemen drin.

Prügelei bei ALDI und an der Schule

Es war im Juni und unerträglich heiß. Ich ging gegen Mittag einkaufen. Kein Mensch war draußen auf dem großen Parkplatz vor ALDI. Da sah ich zwei Jungs und einen älteren Mann auf mich zukommen. Die Jungs habe ich gleich erkannt, weil sie mit meinem Sohn auf der Schule sind. Der Vater des einen ist NPD-Mitglied und hat seinen Sohn entsprechend erzogen. Mich hat er schon häufiger beschimpft und auch meinen Sohn angegriffen. Deshalb gab es sogar eine Schulversammlung. Aber das hat nichts gebracht. Es gibt schon ein paar „Ausländer“ an der Schule, aber wir sind die einzigen „Araber“ und das wird hier nicht akzeptiert. Man gibt uns deutlich zu verstehen, dass wir nicht hierher gehören.So war es auch an diesem Tag. Als die drei mich sahen, fingen sie an zu schreien: “Da ist der Scheiß-Ausländer!” und mich laut zu beschimpfen. Aber wie gesagt, es war zu dieser Zeit kein Mensch draußen. Ich wollte es erst einfach ignorieren, aber es hat mich doch zu tief getroffen. Also wollte ich fragen, warum sie mich so behandeln, was ich ihnen getan habe. Aber bevor ich nur den Mund aufmachen konnte, begannen sie mich zu schlagen. Einer der Jungen hat mich getreten und mir so auf den Mund geschlagen, dass meine Zahnbrücke brach. Meine Lippen waren blutig, die Brille ging kaputt. Der ältere Mann hielt mich fest und die beiden Jungs haben weiter auf mich eingeprügelt. Schließlich habe ich die Orientierung verloren. Die drei sind abgehauen.

Ich weiß nicht mehr, wie ich es nach Hause geschafft habe. Meine Tochter hat mich sofort zum Arzt gefahren, der mich untersucht hat und meinte, ich solle den Vorfall der Polizei melden. Ich habe Anzeige erstattet und die Polizei machte Fotos von meinen Blutergüssen, den blauen Flecken und von den beschädigten Sachen. Ich musste damit zum Anwalt, aber der meinte, es wäre nichts Gravierendes.

Ich weiß, dass ich im Recht bin, genau wie mit meinem Laden, aber ich habe mein Recht nicht bekommen, weil hinter mir niemand stand und mich unterstützte. Deshalb wurde ich in den Ruin getrieben, weil ich niemanden gefunden habe, der mir die Hand reicht.

Durch diese Anzeige bei der Polizei aber hat mich die Opferperspektive kontaktiert und wollte genau wissen, was da passiert war. Sie haben dann einen Brief mit den gesammelten Beweisen an die Staatsanwaltschaft geschickt, der nichts anderes übrig blieb, als den Fall aufzunehmen. Vor Gericht war es dann aber so, dass sich der Junge, der mich geschlagen hat, mit den beiden Mitläufern abgestimmt hatte. Also stand mein Wort gegen das der drei. Ich war alleine und hatte auch keine Zeugen. Der ältere Herr, der die Jungen begleitet hatte, sagte wiederum als deren Zeuge aus.

Und die Leute lachen

Sie schmeißen Müll in meinen Garten, Bretter, Schilder, aber wer das macht, weiß man ja nicht. Das ist hinterhältig. Ich hatte auch zwei Hunde, Huskies, mit denen die Kinder immer sehr gerne gespielt haben. Also schickte jemand das Veterinäramt und behauptete, ich würde die Hunde schlagen und misshandeln. Ich habe sie verschenkt.

Ein anderes Mal hat jemand den Aussenwasserhahn aufgedreht. Das Wasser lief fünf Stunden lang, bis meine Tochter nach Hause kam. Das Wasser stand überall im Garten, lief über die Strasse. Die Rechnung über 800 Euro musste ich zahlen. Zuletzt wurde mein Auto mit Farbe beschmiert und besprüht, das Haus mit Eiern beworfen, obwohl es schon lange keinen Laden und keine Pizzeria mehr gibt.

Noch schlimmer aber ist, dass die Leute vorbeigehen und sie gucken und lachen. Das war ein gezielter Angriff, es hat nur mein Haus getroffen. Und meine Nachbarn hat das auch noch gefreut. Ich habe Anzeige erstattet und den Schaden der Versicherung gemeldet. Die hat mir daraufhin gekündigt. Ich habe hier mit niemandem mehr zu tun.

Vielleicht wenn meine Kinder groß sind, werde ich mit meiner Frau auswandern. Noch mal woanders in Deutschland zu leben könnte ich mir nicht vorstellen. Wenn schon, dann nur ganz weit weg von hier.

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